Schon im zweiten Satz positioniert sich der eitle Rubikon-Autor Daniel Sandmann unzweideutig rechtsaussen, indem er in szenetypischer Rhetorik die einschlägigen Ressentiments gegen die «linken und grünen Kreise» bedient: «Zweifelsohne haben nicht wenige die Repression westlicher Demokratien erkannt. Das verwundert nicht sonderlich, kamen diese in Coronazeiten doch in einem Ausmaß daher, dass es nur linken und grünen Kreisen möglich war, sich darin wohlig einzunisten.»

Dann setzt er das titelgebende1 Framing: «Menschliches, Allzumenschliches. Gerne auch mit „Faschistisches“ zu übersetzen.» - was ich meinerseits im Titel dieses Artikels gerne getan habe. Sandmann leugnet nicht wie üblich rhetorisch das objektiv Faschistische in den «Diskussionen, „alternativen“ Gesprächsrunden» bei «alternativen Medien» à la Rubikon, AUF1, Kontrafunk, Reitschuster, Tichys, Nichtdenkseiten und wie die untereinander bestens vernetzten gewerblichen rechten Unternehmen alle heissen. «Ich treffe es (also das Faschistische, d.Verf) auch da, wo im Glauben agiert wird, gegen die Maschinerie anzugehen.» deklamiert Sandmann – und es ist ihm halbwegs abzunehmen, das er persönlich tatsächlich glaubt, kein Faschist zu sein.

Die zugrundeliegende Hypermoral hatte sinngemäss der umtriebige rechte Agitator Tom J Wellbrock2 (Altwasserkonservative) mal in einem Podcast als a priorischen Dreisatz zum Ausdruck gebracht:

  1. Die Linken sind eigentlich die Guten.
  2. Ich weiss mit Sicherheit, dass ich ein Guter bin.
  3. Also bin ich ein aufrechter, wahrer Linker.

- ganz unabhängig davon, ob er Geld verdient bei Rechtsaussen-Medien wie Kontrafunk oder als Einheizer beim staatlichen russischen Kriegsrhetorikmedium RT DE. Aus dieser Position des a priori «Guten» lässt sich hypermoralisch gegen die verhassten «linken und grünen Kreise» hetzen.

Getränkt von reaktionärem Ressentiment («Man kann die Geschichte nicht zurückdrehen, wird gesagt») fährt Sandmann in prätentiös intellektualisierender Rhetorik ganz im sezession.de-Stil fort (Zitat hier etwas entschnörkelt):

«Nur wie einer (…) sagt, da seien Eliten am Werke, die das Ganze steuern, (…) ― ein alter Hase, der noch an Ursache und Wirkung glaubt statt an Korrelation und Excel-Tabellen ―, wie der sagt, dass das Verschwinden des Mittelstandes kein magischer Vorgang sei, sondern ein herbeigeführter Prozess, muss kurz eingegriffen werden.»

Die antimodernistische Entgegensetzung «an Ursache und Wirkung glauben» (sic!) statt an «Korrelationen» (welche eine behauptete Ursache-Wirkung wissenschaftlich erst falsifizieren könnten) legitimiere ein «Eingreifen» der «Macht». Rhetorisch wird damit die «Macht» mit der verhassten «Linken» gleichgesetzt, denn eine linke Analyse stimmt zwar darin überein, dass das seit dem 18. Jh. kontinuierlich beklagte «Verschwinden des Mittelstandes kein magischer Vorgang sei», widerspricht aber entschieden dem strukturell antisemitischen «da seien Eliten am Werke», die nur durch neue (rechtsradikal-nationalistische statt «globalistische»3) Eliten ersetzt werden müssten, dann werde alles wieder gut.

Gleichzeitig kritisiert Sandmann: «Diesem ganzen Prozess liegt durchgehend ein personalisiertes „Denken“ zugrunde ― in Absetzung von einem Denken in Strukturen», aber er verteidigte eben zuvor eine personalisierte Hetze gegen «Eliten» als aus seiner Sicht objektive «Ursache und Wirkung» und verteufelt das traditionell linke «Denken in Strukturen» in szenetypisch moralisierendem Duktus über das «Storytelling, welche die Erziehung zu strukturfremdem „Denken“ über menschlich-allzumenschliche Formen auf ganz arglose und sympathische Weise vorformt und sicherstellt. Von du zu du, geglättet, barrierefrei. Über diesen Mechanismus wurden Hexen geschaffen und entsorgt, Juden natürlich auch.»

Die Schlange beisst sich in den eigenen Schwanz: «Das Handeln von Personen erzeugt Empörung, die Verhältnisse bleiben unangetastet. Banal. Das ist der Sinn von Moral.» geisselt er moralisch: «Wer so vorgeht, kopiert das Vorgehen der Coronisten, mit dem gewichtigen Unterschied, dass der Einsatz aus Sicht jener ― verstanden als Marionetten der Macht ― durchaus Sinn machte, weil Macht alles Interesse hat, keine Machtverhältnisse anzuzeigen und stattdessen Emotionen zu bedienen» - und tut im ganzen Text nichts anderes, als seinerseits «Emotionen zu bedienen».

Linke Rhetorik kopieren und damit rechte Inhalte transportieren – das ist die Strategie der globalen Rechten heutzutage. Das anerkennt Sandmann rhetorisch auch selbst: «viele Kritiker der Coronamaßnahmen waren und blieben ja auch immer naive Verfechter des Kapitalismus, diesen mit freiem Markt verwechselnd». Sein Fazit: «Boris Reitschuster als Bundeskanzler ― was wäre gewonnen?» - dass dieser Satz seiner Verteidigung strukturell antisemitischer Elitenkritik widerspricht, stört in seinem Framing genauso wenig wie die rhetorische Entgegensetzung von (moralisch bösem) «Kapitalismus» und (moralisch gutem) «freiem Markt» als Entsprechung zum einschlägigen «schaffendem Kapital» versus dem jüdisch personalisierten «raffenden Kapital».

Diese Strategie funktioniert aber nur, indem manipulativ innere Widersprüche übertüncht werden, was Sandmann offenbar durchaus sieht: «Selbstredend gibt es gute strategische Gründe, dem Nationalstaat gegenüber einem globaltechnizistischen Überwachungsstaat den Vorzug zu geben, doch sollte der strategische Charakter einer solchen Argumentation ausdrücklich offengelegt werden. Die zahlreichen verheerenden und monströsen Ungeheuerlichkeiten von Nationalstaaten ― die übrigens ebenso munter drauflos digitalisieren ― und überhaupt von Staaten, Staatsstrukturen und institutionalisierter Gewalt darf jedenfalls nicht ausgewischt werden.»

Im letzten Abschnitt verheddert er sich moralisierend dann völlig: «Dieses „Angelegtsein des Desasters“ in dem, was man nur allzu gerne der globalen Technokratur und also dem Desaster entgegengestellt ― Familie, Nationalstaat, zivilisatorische Errungenschaften und nicht zuletzt Moral ―, spiegelt sich beim „Argumentieren“, das ich in der „Dissidenz“ vorgefunden habe: Auch da werden Muster kolportiert, welche von der Macht just auf die Kritik selbst angewandt werden. Die Empörungsbewirtschaftung, Hauptfokus dieses Beitrags, legt das gänzlich frei.»

Sandmann stolpert hier über seine eigene prätentiöse «komplexe Syntax»: Nicht erst die (bekämpfte) «Empörungsbewirtschaftung» legt frei, dass «Muster kolportiert (werden), welche von der Macht just auf die Kritik selbst angewandt werden», sondern diese «Kritik» selbst betreibt im «Hauptfokus» rhetorisch das Gewerbe der rechtsradikalen «Empörungsbewirtschaftung», etwa mit Sandmanns szenetypischer «Kritik am Genderismus» bzw. der «Genderpropaganda» mit der glatten Lüge, dass von den «globalistischen» «Eliten» «elfjährigen Mädchen oder Knaben eine Geschlechtsumwandlung nahegelegt» werde. Wenn solcherlei verlogene Praxis von Nicht-Rechten kritisiert wird, gilt das für Rechte als «Empörungsbewirtschaftung» aus «linken und grünen Kreisen», welche sich in den Verhältnissen «wohlig eingenistet» hätten.

Den grundsätzlichen inneren Widerspruch kann die Querfront-Rechte auch mit noch so «komplexer Syntax» nicht auflösen, denn er ist deren gewerbliches Geschäftsmodell.